Telemedizin
Telemedizinische Formen medizinischer Gespräche sind – u. a. bedingt durch veränderte Versorgungsressourcen und -bedürfnisse, v.a. in Zeiten der Corona-Pandemie, stark im Kommen. Das Projekt untersucht die multimodale und multimediale Realisierung triadischer telemedizinischer Arzt/Arzt/Patient-Gespräche zur Schlaganfalldiagnostik (Kooperationspartner: Tempis) mit Methoden der Konversationsanalyse, der Interaktionalen Linguistik und Multimodalen Analyse. In den Gesprächen wird zur gesetzlich vorgeschriebenen neurologischen Abklärung in ländlichen Kliniken ein/e Neurologe/in aus einem Schlaganfallzentrum per Videokonferenz zugeschaltet. Diese/r befragt die Patient/innen und untersucht sie – mit Hilfe des in der örtlichen Klinik behandelnden medizinischen Personals– neurologisch.
Im Rahmen der Projektarbeit wenden wir uns insbesondere der ärztlichen Beschwerdenexploration zu. Ziel der Untersuchung ist u.a., aufzuzeigen, welche sprachlich-interaktiven Besonderheiten ein multimediales Anamneseformat mit triadischer face-to screen-Teilnehmerkonstellation aufweist und welche Praktiken zur Beschwerdenexploration sich hier etablieren. Hier weist v. a. die körperliche Untersuchung Besonderheiten auf, die sich aus der medialen Mittelbarkeit des instrumentellen und körperlichen Zugangs zum Patienten/zur Patientin ergeben. Die/der Neurologe/in nutzt die anwesenden Mediziner/innen als „verlängerten Arm“ für Untersuchungen. Typisch für körperliche Untersuchungen sind daher Aufforderungshandlungen des Spezialisten/der Spezialistin an den/die anwesende/n Ärzt/in, in denen Umsetzungsmodalitäten des jeweiligen Untersuchungsschritts mal mehr, mal weniger expliziert werden und damit unterschiedliche Wissensvoraussetzungen seitens des anwesenden Arztes über die korrekte Durchführung der neurologischen Untersuchung zugrunde gelegt werden. Aufbauend darauf soll diskutiert werden, wie das Hinzutreten des Schlaganfallspezialisten die traditionell wissens- und beteiligungsasymmetrische dyadische Teilnehmerkonstellation von Arzt und Patient verändert und welche neuen Wissens- und Beteiligungsdynamiken sich im telemedizinischen Gespräch ergeben.
Universität Bayreuth, Pressemitteilung Nr. 094/2020 vom 15.06.2020
Kooperation mit Tempis https://tempis.de/telemedizin/
Vorträge
Karin Birkner „Telemedizin: Gesprächsanalytische Studien zu Beteiligungsstrukturen“, Plenarvortrag auf der 67. StuTs, https://stuts.de/, Online Konferenz, 21.-24.05.2020.
Karin Birkner, Alexandra Groß, Franziska Alt „Telemedizinische neurologische Konsile“, 13.02.2020.
Karin Birkner & Franziska Alt „Facial gestures in telemedical doctor/patient-interaction“, International Workshop ‘Facial Gestures in Interaction’, Universität Bayreuth.
Karin Birkner & Alexandra Groß „Arbeitsbericht: Forschungspläne zu ‚Telemedizinischen neurologischen Konsilen‘“, Arbeitstreffen Medizin & Interaktion, 12./13.12.19, Universität Münster
Karin Birkner & Alexandra Groß „Multimodale und multimediale Realisierung telemedizinischer Arzt/Patient-Gespräche zur Schlaganfalldiagnostik“, Tagung Beschwerden – Anamnese – Befund, ZHAW Winterthur, 02.09.19
Karin Birkner & Alexandra Groß “Data session Telemedical Neurological Consiles”, Tagung “Video mediation in professional settings: Consequences, affordances and possible trainables“, Centre for Interaction Research and Communication Design, University of Copenhagen 28.01. – 29.01.2019.